Sanierung von Alt-Dürrmenz rückt näher

Stadtverwaltung in Kontakt mit den Großinvestoren FWD und SAX – Kampf um den Erhalt des ältesten Hauses geht weiter

Der alte Ortskern von Dürrmenz erhält ein neues Gesicht. In den nächsten Monaten wollen die Investoren, die Firmen FWD und SAX, richtig durchstarten. Doch dem Historisch-Archäologischen Verein geht die Erneuerung fast schon zu weit. Er kämpft weiterhin um den Erhalt des ältesten Hauses im Stadtteil.

Sie kämpfen für den Erhalt des ältesten Gebäudes von Dürrmenz: die HAV-Aktiven Wolfgang Rieger, Manfred Läkemäker und Manfred Rapp (v. li.) sowie die Dürrmenzerin Katja Jourdan, frühere Stadtplanerin in Stuttgart und Mitstreiterin in Sachen Hofstraße 17. SadlerMühlacker. „Wir wollen verschiedene Wohnangebote für die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen“, beschreibt Bürgermeister Winfried Abicht das Ziel der Stadt bei der Ortskernsanierung in Dürrmenz.

Die FWD Hausbau- und Grundstücks GmbH plant zwei Objekte. Am ehemaligen Kanne-Standort soll, hin zum Bischof-Wurm-Platz und zur Hofstraße, ein Ärztehaus entstehen, in dem, wie Abicht sagt, im Erdgeschoss eine Arztpraxis und in den oberen Etagen Wohnungen mit Balkonen in Richtung Hof eingerichtet werden. Im rückwärtigen Bereich des Kanne- und Eisenschuler-Areals will FWD ein Haus mit rund 20 seniorengerechten Eigentumswohnungen bauen, unter dem eine Tiefgarage angelegt wird.

„Die FWD befindet sich in den letzten Abstimmungen ihrer Werkspläne.“ Seien diese fertig, stehe die Baugenehmigung an. „In der zweiten Hälfte dieses Jahres“ könne der Investor voraussichtlich loslegen.

Die Firma SAX Concept Systembau wolle gleich drei alte Gebäude „top sanieren“: die Wiernsheimer Straße 3, ein Gebäude am Eingang der Brunnengasse und ein Haus an der Ecke Brunnengasse und Krumme Gasse. Auch hier sind Eigentumswohnungen sowie, unter dem Gesamtkomplex, eine Tiefgarage geplant.

Darüber hinaus möchte SAX ein altes Gebäude auf dem Grundstück der einstigen Bijouteriefabrik Craiss, das zwei der zu sanierenden Gebäude verbindet, abreißen und ein neues Wohnhaus errichten. Unter dem Hof und dem künftigen Gebäude wird eine Tiefgarage gebaut mit Zufahrt über die Brunnengasse.

„Wir sind in der Abstimmung mit der SAX-Gruppe. Ich warte jetzt noch auf die Genehmigungspläne“, beschreibt Abicht den aktuellen Verfahrensstand. Aus steuerlichen Gründen, weiß der Bürgermeister, müsse SAX die künftigen Wohnungen schon vor deren Bau vermarkten.

„Wir planen für den Herbst 2012 vorbereitende Maßnahmen wie den Abriss des alten Verbindungsgebäudes“, sagte Alexander Blum von der Firma SAX gestern auf Anfrage des Mühlacker Tagblatt. Im Anschluss folgten der Neubau und die Sanierung der einzelnen Gebäude. Der dazu erforderliche Erwerb der benötigten Gebäude sei noch nicht offiziell erfolgt.

Während die Investoren die Weichen für ihre millionenschweren neuen Projekte stellen, engagiert sich der Historisch-Archäologische Verein (HAV) Mühlacker für das älteste Haus von Dürrmenz, das aus dem Jahr 1504 stammende Gebäude Hofstraße 17, auch Kazenmaier-Haus genannt.

Gestern machten Manfred Läkemäker, zweiter Vorsitzender des HAV, Wolfgang Rieger, Kassierer des Vereins, Manfred Rapp, Beisitzer, und die Dürrmenzerin Katja Jourdan, früher als Stadtplanerin bei der Stadt Stuttgart beschäftigt, erneut auf ihr Anliegen aufmerksam. Offenbar mehrten sich in der Mühlacker Stadtverwaltung und im Gemeinderat die Stimmen derer, die noch vor der Sommerpause den Abriss des denkmalgeschützten historischen Gebäudes beschließen wollten. Dagegen wehren sich die Abbruchgegner. Es sei nicht nötig, einen Zeitdruck aufzubauen, zumal das Objekt der Planung zur Sanierung des Ortskerns nicht im Weg stehe, machte Läkemäker klar. Es sei in der neuen Bebauungsplanung bereits enthalten, und die Sanierungszuschüsse könnten laut Verwaltung verlängert werden.

HAV: An möglichen Nutzungen des alten Gebäudes mangelt es nicht

Die HAV-Aktiven verweisen auf Vorschläge von Karlsruher Architekturstudenten, die Anregungen für eine Nutzung des Hauses gegeben haben. Hier, so ihre Überzeugung, könnten eine Wohnung mit Büro oder die Verwaltung der künftigen Seniorenwohnanlage eingerichtet werden. Darüber hinaus biete die Hofstraße 17 Platz für den „Kulturverein Dürrmenz“ mit Wohnen, Arbeiten und Café, für ein Bürgerhaus oder – dies wäre eine weitere Möglichkeit – zur Durchführung von Kleinkunstveranstaltungen.

Die Stadt Mühlacker, fordern die Befürworter eines Erhalts der geschichtsträchtigen Immobilie, sollte sich offensiver um Kaufinteressenten bemühen und Nutzungs- sowie Fördermöglichkeiten aufzeigen. Außerdem sei der Verkaufspreis, der laut Manfred Läkemäker bei rund 150  000 Euro liegt, zu reduzieren. Dieser Betrag, beanstandet Katja Jourdan, sei zu hoch. Weiter monierte die Stadtplanerin, die vorgesehenen fünf öffentlichen Parkplätze vor dem Haus störten. Das Gebäude brauche „mehr Freibereich“.

Die HAV-Mitglieder wollen nun, bevor die Würfel fallen, möglichst viele Bürger für ihre Sache mobilisieren. Dazu beitragen soll ein Vortrags- und Gesprächsabend am Donnerstag, 12. Juli, 20 Uhr, im Andreas-Gemeindehaus mit dem Bauhistoriker und Archäologen Tilmann Marstaller. Er wird zum Thema „Das älteste Fachwerkhaus in Dürrmenz und seine Stellung im regionalen Hausbau“ referieren. Gegebenenfalls, überlegt Wolfgang Rieger schon mal, werde eine Unterschriftenaktion zur Bewahrung des Objekts gestartet.

Bürgermeister Abicht weiß um den guten Willen der HAV-Macher. Viel Mut macht er ihnen allerdings nicht. Bislang habe sich niemand mit einem Verwertungskonzept gemeldet. Hingegen gebe es einen konkreten Interessenten, der bereit sei, das Grundstück zu kaufen und darauf ein Wohn- und Geschäftshaus zu bauen. Unterm Strich, meint er, gehe es in Richtung Abbruch. „Je schneller eine Lösung kommt, desto besser“, findet Abicht, unabhängig davon, wie die Entscheidung des Gemeinderates am Ende ausfallen wird.

(Mühlacker Tagblatt vom 6. Juli 2012, Text u. Foto: Thomas Sadler)

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